Der Architekt

Rudolf W. Sandhoff

Mit der Fertigstellung der Mies-van-der-Rohe-Schule findet die Konzentration der gewerblich-technischen Berufsschulen an der Neuköllner Straße ihren vorläufigen Abschluss.

Sehr weitsichtig hatte sich der Stadtrat für das Gelände am Berliner Ring entschieden, nachdem ein vorausgegangener Architektenwettbewerb deutlich gemacht hatte, dass das ursprünglich vorgesehene Grundstück neben dem Gut Kalkofen für die Schule, die Sportanlagen und die Pkw-Stellplatze zu klein war.

In einem zweiten Wettbewerb, den wiederum mein Büro gewinnen konnte, wurden dann die Vorgaben erarbeitet, die die weitere Entwicklung auf diesem Gelände beeinflussten.
In einem ersten Bauabschnitt wurden die Gewerbliche Schule II und eine Dreifach -Sporthalle errichtet und 1979 in Betrieb genommen. Erst jetzt, 1993, sind mit der Einweihung der Mies-van-der-Rohe-Schule die wesentlichen Ziele des Wettbewerbs von 1971 erreicht.

Mehrfach haben sich nach dem Wettbewerb und dem ersten Bauabschnitt die Schulbaurichtlinien in NRW verändert. Auch das Raumprogramm hat sich durch Verschiebungen und Erweiterungen in den Berufsbildern, aber auch durch Fortschritte in der Technik geändert. Obwohl abzusehen war, dass diese Veränderungen weitergehen würden, musste der Entwurf möglichst sparsam mit den Raumprogramm-Flächen umgehen, um überhaupt finanzierbar zu sein. Mehr als beim ersten Bau-abschnitt wurden dadurch die Entwurfskriterien beeinflusst.

Vollzeit-Unterricht und Teilzeit-Unterricht, Theorie in den Unterrichtsräumen und praktische Übungen in den Werkstätten und Laborräumen, in sich abgeschlossene Abteilungen im Verhältnis zu fachübergreifenden Raumgruppen, dies waren einige der Abhängigkeiten, für die im Entwurf eine Lösung gefunden werden musste.

Vorrang hatte die enge Verbindung von Lehr- und Übungsräumen, um die Schülerbewegungen im Gebäude zu minimieren. Dabei ist es gelungen, die unterschiedlichen Raumgrößen mit ihren unter-schiedlichen Anforderungen in konstruktiv einfachen Baukörpern mit allerdings verschiedenen Stützweiten unterzubringen. Auch die Fensteranordnung hatte sich den jeweiligen Anforderungen anzupassen.

Zukunftsorientiert ist die Führung der Ver- und Entsorgungsleitungen in Schächten bzw. Decken-hohlräumen. Dadurch wird es möglich auch in späteren Jahren Räume mit neuen Anlagen und Ma-schinen auszurüsten.

Dem an der Neuköllner Straße gelegenen Haupteingang folgt eine Eingangshalle, die von oben belichtet, drei Geschosse miteinander verbindet. Von hier aus verteilen sich die Schüler im Gebäude. Unmittelbar neben dem Haupteingang liegt die Verwaltung. In einem eigenen, erdgeschossigen Gebäude sind Werkstätten aus dem Kfz- und Metallbereich untergebracht und durch Shed-Dächer großzügig belichtet. Dieser Bereich, der am ehesten die vom Berliner Ring ausgehenden Schalle-missionen vertragen kann, ist durch eine eigene Werkstattstraße erschlossen.

Sichtmauerwerksflächen am Äußeren und an den Verkehrswegen im Inneren bestimmen das Erscheinungsbild dieses Bauwerks. Die Fassade wird durch Pfeiler-Vorlagen, die ihren oberen Abschluss in Betonfertigteilen finden, gegliedert. Eine breite Attika aus einbrennlackierten Blechen bildet den oberen Abschluss der Baukörper. Durch die Abwinkelung der Baukörper entstehen jeweils unterschiedliche Außenbereiche, die die sehr große Baumasse gliedern.

Wenn in einigen Jahren Pflanzen und Bäume herangewachsen sein werden, wird es einen sehr lebendigen Übergang vom Gebäude über den Pausenhof zu einer benachbarten öffentlichen Grünanlage mit einem Teich geben. Im übrigen Außenbereich werden Akzente durch Feuchtbiotope und Baumgruppen gesetzt. Weitere Blickpunkte in den Außenräumen werden durch Zahnräder und andere Industrieobjekte gebildet. Werkstücke aus Steinmetzbetrieben weisen darauf hin, dass der Namensgeber dieser Schule Ludwig Mies von der Rohe, in der Gewerblichen Schule l zu Beginn dieses Jahrhunderts seine Ausbildung begann.